Liebe und Trauergäste,

heute sind wir hier an diesem würdevollen Ort zusammengekommen, um endgültig Abschied zu nehmen. Abschied zu nehmen von dem Gebäude im Hintergrund, Abschied zu nehmen von 13, 14, 15, 16 Jahren Schule, Abschied zu nehmen von den Leuten, die uns dort gemartert haben. Heute nun müssen sie selbst dran glauben. Ihre Minuten sind gezählt, der Scheiterhaufen ist aufgetürmt. Mit Klassenarbeiten, Zeugnissen und Nichtversetzungen sowie mit nichtbestandenen Reifeprüfungen haben sie unsere Würde auf das Schändlichste mißachtet, und so müssen sie jetzt zahlen, bitter zahlen, zahlen mit dem Tod! Der Mensch, dem wir nun die letzte Ehre erweisen, ist der letzte Pauker. Pauker aber im wahrsten Sinne des Wortes. Der Pauker meinte, er könnte mit uns den Hoppeditz machen, er glaubte, er sei der Größte, der unantastbarste Pauker!

Tja, wissen tat er alles, sogar noch nicht entdeckte Logarithmen und nicht erfundene Erfindungen. Er hätte lieber 20 unbezahlte Stunden gegeben, als eine, nur eine einzige ausfallen zu lassen. Jede ausgefallene Stunde wurde dreifach wiederholt. Der Stoff eines Schuljahres mußte durchgepaukt werden; ob die Schüler ihn verstanden oder nicht, spielte keine Rolle. Er stellte Aufgaben zu Weihnachten, Ostern und Pfingsten, über die Ferien und zum Fest aller Feste überhaupt, zu Karneval. Bei Muzemändelchen und Kaffee konnten arme Tröpfe und vor allen Dingen Koryphäen pauken, bis sie selbst zur Kubikwurzel wurden.

Der Pauker, hier liegt er nun, dieser Prototyp des urdeutschen, konservativen Paukers; er soll gräßlich zugrunde gehen, so wie er uns zugrunde gerichtet hat. Aber wir wollen in dieser stillen, andächtigen Stunde seiner trotzdem gedenken!

Den letzten Pauker wollen wir vernichten, auf daß er nie mehr einen Schüler so böse herrichtet, wie er es bis heute immer wieder getan hat.

Ich bitte die anwesenden Trauergäste, ihre Kopfbedeckungen oder Sonstiges in Ehrfurcht zu lüften. Henker walte deines Amtes!

Liebe Trauergäste, er ist nun verschieden, versunken in den Flammen, die aus seinen eigenen sinnlosen Werken hervorzüngeln. Er hat es nicht anders gewollt. Er hat sich diesen Tod selbst geschaffen, den er in diesen mehr oder weniger würdevollen Augenblicken stirbt. Die Schüler in aller Welt, besonders die des Städtisch-Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Gymnasium Troisdorf mögen nun endlich in Ruhe schlafen können, denn hier verbrannte gerade der Pauker, den ihr nicht ausstehen konntet. Ich danke für ihre werte Anteilnahme. Prost!

© by OImler

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