Das Donald Duck Dossier: Kapitel 4 - Donalds Umfeld und Situation © by Volker Böhme

Maßgeblichen Einfluß auf Donalds Umfeld und auf Donalds Situation haben zwei Personen: seine Neffen Tick, Trick und Track, die ich als eine Person zähle, und sein Onkel Dagobert. Ihre Dominanz ist überall deutlich und prägend.

Wenden wir uns zunächst Donalds Wohnung zu. Donald bevorzugt in Entenhausen grundsätzlich freistehende Einfamilienhäuser mit Garten und Garage. Man findet ihn nie in Reihenhäusern oder Etagenwohnungen. Nicht auszudenken, wenn er in einem Wohnblock mit 50 und mehr Parteien leben müßte! Seine Häuschen sind stets gemietet und gehören üblicherweise einem bekannten Entenhausener Großgrundbesitzer und Ausbeuter - Dagobert Duck. Weitläufig sind die Häuschen nie: die Kinder leben in einem gemeinsamen Zimmer, es gibt eine Küche, ein Bad, ein WC, ein Wohn-/Eßzimmer und einen Dachboden, das war's; kein eigenes Kinderzimmer pro Kind, kein Arbeitszimmer für Donald, kein Gäste-WC, kein Gästezimmer, keine Waschküche, kein Keller. Dafür findet sich im Garten immer ein Platz für ein paar große Bäume, zwischen denen Donald seine Hängematte befestigen kann. Und auch die Garage bietet viel Raum für Auto, Gartengerät, Spielzeug und zum Werkeln.

In solch einem Einfamilienhäuschen führt Donald seinen Haushalt. Wie sieht dieser Haushalt aus? Donald ist alleinerziehender Onkel von drei Neffen. Und damit hat er alle Probleme eines Alleinerziehenden. Er muß gleichzeitig die Rolle von Vater und Mutter übernehmen, er hat den Haushalt zu organisieren, für den Broterwerb zu sorgen und seinen Neffen die erforderliche Erziehung zukommen zu lassen. Das alles bedeutet viel, sehr viel Arbeit. Eine Putzfrau, eine Haushaltshilfe oder wenigstens eine Geschirrspülmaschine konnte sich Donald noch nie leisten, ihm müssen die Kinder helfen. Sie haben abwechselnd mit ihm Küchendienst, sie putzen, räumen auf und machen die Betten.

Das Haushaltsgeld sprudelt bei Donald nie üppig und entsprechend bescheiden ist sein Lebensstandard. Er ist sehr genügsam, was seine Ausgaben fürs tägliche Leben anbelangt. Neue Klamotten für ihn und die Kinder - Fehlanzeige. Eine Rolex oder Schmuck - kommt nicht in Frage. Schuhe - was sind das? Geld für Frisör, Maniküre oder Pediküre - kann man sparen. Ich weiß zwar nicht, welches Shampoo oder welche Zahnpasta er benutzt, aber teuer wird's nicht sein. Lecker Essen tut er gerne, aber zu Hause und dann deftige Kost, kein Kaviar und so'n Kram. Auch eine Kiste Bier oder eine Pulle Schnaps hab ich in seinem Haushalt noch nie gesehen, höchstens mal ein paar Flaschen Blubberlutsch.

Donald gibt zwar, wenn er mal Geld hat, dieses mit vollen Händen aus, aber das tritt selten genug ein. Normalerweise kommt er mit dem bißchen aus, was er hat und leistet sich keine Extravaganzen.

Ein Wort zu Tick, Trick und Track: es ist verdammt nicht leicht, allein Drillinge aufzuziehen. Man hat nicht Augen, Ohren und Hände genug, um alles im Griff zu haben. Aber Donald hat Glück, es sind zwar drei Kinder, aber sie haben nur eine Identität. Fürchterlich wäre es, wenn sie auch noch verschiedene Charaktere und Interessen hätten.

Unterstützung bei der Erziehung findet Donald im Fähnlein Fieselschweif, das bei den Kindern die charakterliche Grundlage schafft und ein wenig Mutterersatz bietet. Bei Onkel Dagobert lernen die Kinder die harte Schule des Lebens und des Erfolges und eine Oma gibt's ja schließlich auch noch.

Donald und seine Neffen haben zwar öfters Krach und fetzen sich ganz schön, aber am Ende vertragen sie sich immer wieder und halten als Familie fest zusammen.

Bei der Kinderschar vermutet man, daß Donald einen dicken Kombi, einen Kleinbus oder Van fährt, doch weit gefehlt, er besitzt einen alten, offenen, roten Zweisitzer mit Notsitzbank und dem Kennzeichen 313. Bei welcher Gesellschaft sein Auto versichert ist, wie hoch die Kfz-Steuer ausfällt, wieviel Liter Benzin er auf 100 km verbraucht - darüber liegen mir keinerlei Informationen vor. Regelmäßige Inspektionen gibt's nicht und Reparaturen werden im Bedarfsfall selber erledigt. Aber Fakt ist: sein alter Drei-Eins-Drei ist mittlerweile zum Kultauto geworden! Auch wenn er selber häufig von einem heißen Schlitten träumt.

Über Donalds Nachbarn wissen wir herzlich wenig. Sicher, da ist sein direkter Grundstücksnachbar Zorngiebel, mit dem er so manches Sträußchen ausficht, auch mit einem Herrn Schurigl liegt er des öfteren im Clinch, da gab es mal eine hübsche Nachbarin, in die sich Donald verguckt hatte oder ein ebenfalls alleinerziehender Herr mit drei Kindern. Aber im großen und ganzen war's das auch. Wer hinter ihm, weiter neben ihm oder auf der anderen Straßenseite wohnt, bleibt im Dunkeln. Und dabei ist gerade eine intakte Nachbarschaft der Garant für Wohn- und Lebensqualität. Doch Donald scheint für die uns unbekannten Nachbarn eher die Laus im Pelz zu sein. Neigt er doch dazu, eher mit ihnen zu streiten, wobei ihm jedes Mittel recht ist und er weder Kosten noch Mühen scheut, als mit ihnen Straßenfeste oder Gartenpartys zu feiern.

Einen ganz besonderen Nachbarn dürfen wir an dieser Stelle nicht vergessen: Dagobert Duck, der in seinem Wohn-Geldspeicher auf einem Hügel residiert. Dieser wohnt zwar nicht unbedingt in Sichtweite, schafft es aber trotzdem, sich immer wieder deutlich Gehör zu verschaffen und verfügt über Donald, Tick, Trick und Track im Direktzugriff.

Vom Ort Entenhausen wissen wir schon etwas mehr. Die Infrastruktur stimmt. Es gibt einen Öffentlichen Nahverkehr, Erholungs- und Sportanlagen. Wir finden Bäcker, Obsthändler, Blumengeschäfte, Supermärkte, Kaufhäuser, Banken, Tankstellen und vieles andere mehr. Was fehlt, ist der türkische Gemüsehändler, der griechische Olivenstand, die Frittenbude und die Stammkneipe. Wo steht Donalds Geldautomat? Besitzt er eigentlich eine Kreditkarte? Ich glaube, Donald hat mit Banken, Geldautomaten etc. nichts am Hut, er wickelt alle seine Geschäfte bar ab. Ansonsten ist Entenhausen eine Idylle, eine Welt ohne Not und Leid. Es gibt keine Gewaltverbrechen, höchstens Diebstahl und Raub und gelegentlich eine Entführung - nie Mord und Totschlag! Und gegen die heutigen Türkengangs, Russenbanden und Nazischläger sind die Panzerknacker Klosterschüler.

Um seinen Lebensunterhalt und den seiner Neffen zu bestreiten, übt er mit mehr oder weniger Freude verschiedene Jobs aus. Leider kommt es nie vor, daß er über einen längeren Zeitraum ein festes Arbeitsverhältnis hat. Das hat eine Vielzahl von Gründen, die in Kapitel 6 intensiv untersucht werden sollen. Interessant ist, daß die Bezahlung aller seiner Jobs nach dem antiquierten Lohntütenverfahren abläuft: Cash in die Täsch! Viel verdient er nie, aber irgendwie reicht's immer zum Leben.

Was er sich gönnt, ist öfters mal ein Urlaub mit den Kindern. Aber was ihn richtig was kostet, ist seine Freundin Daisy. Ihr kauft er Blumen, Pralinen und Schmuck und lädt sie in sündhaft teure Lokale ein. Ein preiswerteres Vergnügen sind hingegen seine Angelleidenschaft und gelegentliche Besuche im Fußballstadion. Nie findet man ihn in einer Kneipe oder Spielhalle; Sexshops sind für ihn ebenso tabu wie Kirchen. Da geht er lieber mit den Kindern im Park ein Eis essen.

Wer sind Donalds Freunde? Von ehemaligen Klassenkameraden hört man wenig, alte Spielkameraden aus der Sandkiste sind unbekannt, da er kein Mitglied in irgendeinem Sportverein ist, hat er keine Sportkumpel, Kneipenbekanntschaften kennt er nicht und mit Arbeitskollegen verkehrt er nur dienstlich.

Muß man ihn deswegen Einzelgänger nennen? Nein, noch lange nicht. Donald findet seine Freunde innerhalb der Verwandtschaft. Aber viel sind es wirklich nicht. Ich glaube, daß er nur zwei richtige Freunde hat, welche mit denen er durch Dick und Dünn gehen, mit denen er mal so richtig Scheiß machen und denen er aber auch bedenkenlos seine Neffen anvertrauen kann: es sind Dussel und Daisy! Natürlich haben ihn auch Tick, Trick und Track, Dagobert, Primus, Gustav und Dorette lieb, aber echte Freunde sind nur Dussel und Daisy.

Donalds körperliche Verfassung erscheint mir äußerst robust. Mal eine kleine Erkältung hier oder eine Beule dort, das war's auch schon. Krankheiten wie Blindarmentzündung, Krampfadern, Allergien, Ischiasschmerzen oder Osteachose sind ihm unbekannt. Ganz zu schweigen von den heutigen Geißeln der Menschheit: Krebs, Alzheimer und Aids.

Für einen der Erben des größten Vermögens der Welt, führt Donald ein recht bescheidenes und beschauliches Dasein. Was Lisa Marie Presley oder Tina Onassis nicht gerade von sich behaupten können.

Nur seine vielen Abenteuer, die er im Dienste des großen Dagobert Duck erlebt, führen ihn aus dieser beschaulichen Entenhausener Welt hinein in die Welt der Mächtigen und Superreichen. Er verkehrt mit Maharadschas, Finanzmoguln, hohen Politikern und Stammesfürsten. Aber das ist nicht seine Welt und er kann nur bestätigen, was ein Seelenverwandter von ihm, Elric von Melnibone, bereits vor langer Zeit feststellte: "So sind die mächtigsten Wesen nicht unbedingt die intelligentesten, auch keineswegs geistig gesund oder mit guten Manieren ausgestattet. Je mehr man von ihnen erfährt, desto offensichtlicher wird diese grundsätzliche Einsicht ..." [106].

Überhaupt Politiker, wenn sie in Donalds Welt mal einen ihrer kurzen Auftritte haben, werden sie in der Regel als Schweine dargestellt. Was das wohl bedeuten mag?!

Um Donalds Wesen richtig beurteilen zu können, ist das Wissen um sein Umfeld und seine Situation von großer Bedeutung. Wir haben soeben seine wichtigsten Bezugspersonen kennengelernt: Tick, Trick, Track und Dagobert. Wir haben erfahren, wie er wohnt, wie sein Haushalt ausieht, wie er die Kinder erzieht, welches Auto er fährt, wer seine Nachbarn sind, wie sein Wohnort strukturiert ist, wie er seinen Lebensunterhalt gestaltet, was er in der Freizeit unternimmt, wer seine Freunde sind, wie es um seine Gesundheit bestellt ist, und in welchen Kreisen er verkehrt.

Gewappnet mit diesem Wissen um Donalds Umfeld und Situation wenden wir uns im folgenden seinen Problemen zu.

links.gif (1337 Byte)